Zwei, die zusammen Zukunft unternehmen
- 20.02.2020
- AUTOR: Kristina Kastner
Sebastian Döberl aus Bayreuth und Jeannine Budelmann aus Münster sind das diesjährige Führungsduo der Wirtschaftsjunioren Deutschland. Welche Themen den Bundesvorsitzenden und seine Stellvertreterin umtreiben und was sie für 2020 planen, haben sie uns im Interview verraten.

Sebastian, Du hast Dir als Bundesvorsitzender das Jahresthema Zusammen.Zukunft.Unternehmen ausgesucht. Was bedeutet das für Dich? Wie willst Du das mit Leben füllen?
Sebastian: Ich denke, mit diesen drei Bausteinen kann man gut arbeiten – und zwar zusammenarbeiten. Teilen wir das mal auf: Bei „zusammen“ denke ich zunächst an mein Team im Vorstand. Denn nur zusammen kann man Ziele erreichen, zusammen aber auch in unserem Verband mit einer Stimme sprechen. Und es ist wichtig, die Mitglieder von der Kreis- über die Landes- bis zur Bundesebene miteinzubeziehen. Und dann denke ich auch an unsere Partnerschaften: Eine der größten und wichtigsten Partnerschaften ist die mit den Kammern vor Ort. Aber auch JCI und G20 YEA sind tolle Partner.
Zur „Zukunft“: Wir sind diejenigen, die die Zukunft gestalten sollten. Gerade auf politischer Ebene haben wir mit New Work zum Beispiel gerade ein Thema, bei dem wir einfach zusehen müssen, dass wir unsere Stimme platzieren.
Und „Unternehmen“: Das Thema Unternehmertum bei den Wirtschaftsjunioren sollte ausgebaut werden. Dabei geht es auch darum, dass Unternehmerbild in der Gesellschaft wieder ein bisschen aufzupolieren. Einfach mal zu zeigen: Was ist denn Verantwortung, wie übernehmen wir gesellschaftliche Verantwortung?
Ich möchte einfach Werbung für die Ausbildungsberufe machen. Sie sind anspruchsvoll und man kann es weit damit bringen.
Besonders wichtig ist Dir auch der Bereich Bildung und Ausbildung. Warum liegt Dir dieses Thema so am Herzen?
Sebastian: Mir ist es vor allem wichtig, darauf hinzuweisen, dass es für junge Menschen nach der Schule weit mehr Möglichkeiten gibt, als zu studieren. Natürlich gibt es Berufe, bei denen es Sinn macht, gleich nach der Schule zu studieren. Aber unser Wirtschaftssystem lebt durch Aus- und Weiterbildung. Und vielleicht müssen wir den jungen Leuten besser erklären, was man mit einer Ausbildung zum Bürokaufmann oder Groß- und Außenhandelskaufmann machen kann. Danach ist ja auch noch nicht Ende: Mit dem Handels- und Betriebswirt IHK habe ich ja dann auch noch einen relativ hohen Bildungsabschluss und kann auch auf der Karriereleiter weiter nach oben, wenn ich das möchte. Kurz gesagt: Ich möchte einfach Werbung für die Ausbildungsberufe machen. Sie sind anspruchsvoll und man kann es weit damit bringen.

Du bist Mitglied der Geschäftsführung in einem mittelständischen Unternehmen in Bayreuth. Kannst Du uns einen kleinen Einblick geben in Deinen beruflichen Alltag?
Sebastian: Ich sitze meistens am Schreibtisch: 80 Prozent Schreibtisch, 20 Prozent Außendienst. Auch die Wirtschaftsjunioren sind bei uns Teil meiner Stellenbeschreibung.
Ich würde mich als Manager im Unternehmen bezeichnen: Zum einen bin ich fachlich für die Abteilung Bauelemente, Garagentore, Fenster und Türen zuständig und für Sanitär, wo ich wirklich auch Preisgestaltung und Personal-Einsatzplanung mache. Zum anderen beschäftigt mich aber auch das Thema Marketing und Kommunikation im Unternehmen, die gesamte strategische Ausrichtung. Das ist auch eine meiner täglichen Aufgaben, an denen ich gemeinsam mit der Geschäftsführung arbeite.
Hast du dich auf Dein neues Amt als Bundesvorsitzender gezielt vorbereitet?
Sebastian: Ich habe ja die klassische WJ-Karriere vom Kreissprecher, Konferenzdirektor bis zum Landesvorsitzenden und stellvertretendem Bundesvorsitzenden durchlaufen und das Schöne ist: Man wächst da so rein und man wächst an seinen Aufgaben. Als Stellvertreter habe ich eine super Einarbeitung bekommen, das ist ja auch keine Selbstverständlichkeit. Aber ich spüre jetzt natürlich die Verantwortung, auch den Erwartungen der Mitglieder gerecht zu werden.
Was sind Eure Highlights im Juniorenjahr 2020? Gibt es etwas, auf das Ihr Euch in diesem Jahr besonders freut?
Sebastian: Was ich seit letztem Jahr gemerkt habe: In die Kreise zu kommen, mich mit den Mitgliedern zu unterhalten, die tollen Projekte anzugucken, das macht mir großen Spaß. Das Highlight-Event ist für mich in jedem Jahr der KHT, da ich ein sehr politischer Mensch bin.
Jeannine: Genau das gleiche wollte ich auch gerade sagen! Der KHT ist zum einen eine wichtige Bühne für uns im politischen Umfeld und die wirklich einmalige Möglichkeit, über eine ganze Woche lang sehr viel Aufmerksamkeit zu erzeugen. Und die Teilnehmer des KHT tragen ja zum anderen ihre Eindrücke in ihre Kreise, sorgen für ein gestärktes politisches Bewusstsein und verbreiten ein Gefühl dafür, auch politische Dinge anpacken und ändern zu können.

Sebastian, Du hast letztes Jahr in einem Interview gesagt, zu Deinem Vollzeit-Job arbeitest Du Vollzeit für die Wirtschaftsjunioren. Wie kriegst Du das unter einen Hut – Stichwort Vereinbarkeit?
Sebastian: Planung und Struktur. Es geht nur, wenn man seinen Kalender im Griff hat. Es geht nur mit klaren Absprachen – im Ehrenamt, im Unternehmen und in der Familie. Jetzt haben meine Frau und ich keine Kinder. Das ist vielleicht noch ein bisschen einfacher als mit Kindern. Und ich versuche, Synergien zu nutzen. Nicht nur wegen eines Termins nach Berlin zu kommen, sondern dann mehrere Dinge zu machen oder zu erledigen. Wir müssen ja auch immer schauen, dass wir unsere Betriebe am Laufen halten – und dass wir dabei gesund bleiben.
Jeannine, für Dich hat das Thema ja nochmal eine andere Dimension. Du hast eine kleine Tochter, die Du und Dein Mann auch häufig zu WJ-Veranstaltungen mitnehmt.
Jeannine: Ich glaube ja, mittlerweile ist Carlotta bei den Wirtschaftsjunioren bekannter als ich. (lacht) Ich versuche tatsächlich Termine so zu legen, dass wir da möglichst zusammen hingehen können. Unter der Woche abends ist mein Mann dann mit Carlotta zu Hause und ich geh zum Termin – genauso andersrum, wenn er einen Termin hat. Das Wichtigste, wie Sebastian schon gesagt hat, sind die klaren Absprachen. Dass klar kommuniziert wird, welche Bedürfnisse man hat, und manchmal muss man eben auch mal verzichten. Mir ist aber wichtig zu zeigen, dass Familie kein Hindernis sein muss, um sich ehrenamtlich zu engagieren. Familie ist etwas, das zum Leben dazugehört. Gerade bei den Wirtschaftsjunioren sind wir alterstechnisch so aufgestellt, dass sich alle in dieser sogenannten Rush Hour des Lebens befinden. Da sollte man sich dann gegenseitig unterstützen und füreinander Verständnis und Toleranz aufbringen: Alle sollten die Möglichkeit haben, für sich ein Familien- und Vereinbarkeitsmodell zu finden, in und mit dem die jeweiligen Beteiligten zufrieden sind.
Du hast als Landesvorsitzende viel Wert gelegt auf Vernetzung und Partnerschaften mit anderen Verbänden und Akteuren aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Wirst Du das auf Bundesebene fortführen?
Jeannine: Ja, definitiv! Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur so unsere Ziele in der Gesellschaft gut verankern können. Das sind dann vielleicht nicht unbedingt Termine, über die man im Anschluss eine tolle Pressemitteilung schreiben kann, aber das sind Termine, die man wahrnehmen muss, um in der Gesellschaft auch unterschwellig etwas zu ändern. Dabei geht es zum Beispiel um das Unternehmerbild, das Sebastian ja auch schon angesprochen hat. In NRW hat das zu wirklich guten Ergebnissen geführt und auch zu Kontakten und Projekten, von denen wir vorher nie gedacht hätten, dass sie möglich wären.
Du hast das Unternehmerbild angesprochen. Was möchtest Du als Unternehmerin gerne in der Politik verändern oder verbessern?
Jeannine: Das gesellschaftliche Unternehmerbild ist einfach nicht richtig. Vor allem fehlt es da an Verständnis für die Rolle von Unternehmerinnen und Unternehmern. Das zu ändern ist eine Frage des steten Tropfens und von verfügbaren Vorbildern. Was mir ganz besonders am Herzen liegt ist eine größere Wertschätzung von ganz normalen Gründungen. Vieles wird in der Politik mit dem Titel Start-up versehen, was auch eine tolle Sache ist und was ich überhaupt nicht minder wertschätzen möchte. Aber auch jemand, der einen neuen Blumenladen eröffnet oder jemand, der eine Schreinerei aufmacht, ist ein Gründer und ist jemand, der Arbeitsplätze schafft. Der hat – unterstelle ich jetzt einfach mal – einen relativ soliden Plan ohne viel Risiko. Das finde ich genauso cool, wie mit einer abgefahrenen Idee irgendetwas bahnbrechend Neues zu machen, mit einem höheren Risiko. Beides verdient Wertschätzung.

Zum Abschluss ein paar kurze Fragen an Euch beide: Was macht für Euch die Wirtschaftsjunioren aus?
Sebastian: Die Heterogenität. Was viele als Hindernis oder Problem sehen, sehe ich als große Chance. Wir sind einer der wenigen Verbände, der sich eigentlich zu jedem Thema äußern könnte. Wir engagieren uns politisch, unternehmerisch und sozial, wir engagieren uns lokal, national und international – das macht uns aus.
Jeannine: Und anders als in einem Branchenverband traut man sich bei uns, über Dinge zu sprechen, bei denen man sich nicht sicher ist, bei denen man einfach noch inhaltlichen Austausch braucht, zu denen man einfach auch nochmal eine andere Meinung haben möchte. Bei uns kann ich zu jedem Thema jemanden finden, der aus einem ganz anderen Blickwinkel darauf guckt und bekomme quasi gratis eine Mini-Analyse meiner Lage. Das kann ich total gut für mich und meine persönliche Weiterentwicklung nutzen.
Was macht euch als Team aus? Warum seid ihr beide ein gutes Team und was schätzt Ihr am jeweils anderen?
Sebastian: Wir ticken in vielen Bereichen ziemlich ähnlich und in manchen anderen Bereichen komplett anders. Das ist toll! Wir sind ähnlich strukturiert, wir legen viel Wert auf Planung. Wir haben ähnliche Ansichten, wie wir den Verband politisch nach außen präsentieren wollen. Und ich schätze Jeannines Herzlichkeit. Wir haben uns ja tatsächlich erst vor anderthalb Jahren kennengelernt und ich habe schnell gemerkt: Hinter der beeindruckend straighten Fassade steckt eine wirklich herzliche, warme Persönlichkeit. Und ich weiß: Ich kann mich auf sie verlassen und ihr vertrauen.
Jeannine: Wir haben uns auf Anhieb wirklich erstaunlich gut verstanden und können sehr gut einschätzen, wie der andere bestimmte Dinge sieht und wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Wir können super gut wertschätzend miteinander umgehen, so dass wir auch Meinungsunterschiede aushalten und bislang immer zu einem gemeinsamen, runden Ergebnis gekommen sind. Ich schätze Sebastian für seine Klarheit und seine Ruhe.
Was wünscht Ihr Euch, was am Ende von diesem Jahr über das Jahr 2020 in der Chronik des Verbandes steht?
Sebastian: Ich würde mir wünschen, dass etwas bleibt, von dem, was ich mir mit Zusammen.Zukunft.Unternehmen überlegt habe. Dass wir als Team unseren kleinen Fußabdruck hinterlassen, sowohl politisch gesehen als auch im Verband. Was mir persönlich wirklich wichtig ist, ist dass ein Großteil der Ziele vom Team umgesetzt wurde. Hundert Prozent ist immer schwierig, mit 80 Prozent wäre ich zufrieden.
Jeannine: Ich würde mir wünschen, dass wir einen Beitrag dazu geleistet haben auf politischer und gesellschaftlicher Ebene noch stärker als Ansprechpartner präsent zu sein. Mein Traum wäre, dass ein Bundestagsabgeordneter sagt: „Ich habe gerade eine Gesetzesinitiative, die betrifft junge Unternehmer“, und dann sagt: „Da frag ich doch mal die Wirtschaftsjunioren dazu“.
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