Aufmerksamkeitsspanne: 8 Sekunden
- 15.07.2019
- AUTHOR: Kristina Kastner

Wer die Digital Natives erreichen möchte, kommt um Influencer Marketing nicht herum. Philip Papendieck ist CEO und Mitgründer der Influencer-Agentur Intermate mit Sitz in Berlin und Hamburg. Wir haben mit Philip darüber gesprochen, was „Swipe-Away-Kids“ sind und was es bedeutet, digital zu denken.
Philip, bitte erklär uns einmal in drei Sätzen: Was macht Intermate?
PP: Wir verbinden Unternehmen und Institutionen mit Leuten, die eine große Reichweite in Sozialen Medien haben. Dabei kümmern wir uns bei jeder Kampagne um die Digitalstrategie dahinter, darauf aufbauend um Kreativkonzepte, selektieren dann passende Influencer, schließen Verträge mit ihnen, briefen sie, produzieren mit ihnen den Content und reporten das Ganze dann an den Kunden. Wir sind eine Art Hybrid aus Media Agentur und Kreativagentur, mit einem starken Fokus auf Performance.
Wie kam es zur Gründungsidee?
Zum einen war der Plan, zu gründen, schon immer in meinem Hinterkopf. Das hat mit Sicherheit auch damit zu tun, dass meine Universität in Witten da sehr affin ist und uns zum Gründen ermutigt hat. Es fehlte zunächst nur die richtige Idee. Einer meiner Mitgründer und ich haben dann nach dem Studium bei einer großen Bekleidungsfirma gearbeitet und sind dort zufällig mit einem der ersten Influencer in Berührung gekommen: einem Model, das mit einfachen Behind-the-Scenes-Fotos wahnsinnig viele Leute erreicht hat. Das hat uns zunächst sehr erstaunt und wir haben angefangen, uns dafür zu interessieren. Wir haben dann schnell gemerkt: Das könnte die Gründungsidee sein, auf die wir gewartet haben.
Bisher verbindet man Influencer vor allem mit Mode, Reisen, Unterhaltung. In letzter Zeit scheint auch Politik hinzuzukommen, auch Themen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel. Findet da gerade ein Wandel statt, weg von reinem Konsum?
Ja, definitiv. Charity-Themen wie „Jugend gegen AIDS“ oder Hodenkrebsvorsorge machen wir mit unseren Influencern schon lange. Zuletzt haben wir die große #unfollowme-Kampagne unterstützt: Entfolge meinem Kanal, wenn du rechter Gesinnung bist. Es gab jetzt eine große Welle von Aktionen für den guten Zweck, Bäume in Brasilien zu pflanzen oder eine faltbare Toilette für mehr Hygiene in Entwicklungsländern. Irgendwann haben wir da selbst den Überblick verloren und die Influencer auch. Wir haben uns jetzt dazu entschieden, uns auf eine Sache zu konzentrieren und die Stiftung Bildung zu unterstützen. Für uns ist das die wichtigste Message in der heutigen Zeit: Wissen ist Macht. Jeder kann Greta Thunberg sein! Wir rennen damit bei den Influencern offene Türen ein. Insgesamt nehmen diese Themen stark zu – ohne, dass das Konsumthema dabei abnimmt.
Meine Hoffnung ist, dass der digitale Graben zumindest ein Stück weit überwunden wird und die Generationen auch über digitale Kanäle wieder mehr zusammenfinden.
Versteht ihr eure Zielgruppe noch oder lernt ihr euch das an?
Wir lernen durch die Beschäftigung mit dem, was in den Sozialen Medien erfolgreich ist und im Austausch mit den Influencern, was funktioniert und was nicht. Deshalb binden wir die Influencer auch stark in den Produktionsprozess mit ein, Stichwort Co-Creation. Die sogenannten Swipe-Away-Kids haben einigen Studien zufolge eine Aufmerksamkeitsspanne von acht Sekunden. Wenn wir nicht sofort ihre Aufmerksamkeit gewinnen, wischen sie unseren Content nach drei Sekunden weg. Das können wir traurig finden oder blöd, aber erstmal nehmen wir das so hin.
Was bedeutet es für dich, digital zu denken?
Offen zu sein gegenüber den Nutzern einer Plattform. Zu schauen: Wie nutzen die Kids das denn wirklich, TikTok zum Beispiel? In den USA nutzen viele Jugendliche Google Docs, um zu chatten – nämlich, weil sie in der Schule eh Google Docs nutzen und sich dann direkt in den Dokumenten unterhalten. Das mag sich erstmal absurd anhören, aber genau darum geht es: Solche Umwidmungen zu akzeptieren und aus diesem Wissen Nutzen zu ziehen.
Was sind in deinen Augen die drei großen digitalen Zukunftstrends?
Das ist zum einen das Livestreaming, das sich ausbreiten wird. Influencer werden zunehmend live Erlebnisse oder Aktivitäten mit ihren Followern teilen. Zum anderen schreitet die Personalisierung von Inhalten weiter voran, Inhalte werden noch genauer auf den einzelnen Nutzer zugeschnitten. Und dann gibt es einen großen Trend, die Zielgruppe der 45- bis 54-Jährigen anzusprechen und ins Boot zu holen. Meine Hoffnung ist, dass der digitale Graben zumindest ein Stück weit überwunden wird und die Generationen auch über digitale Kanäle wieder mehr zusammenfinden.
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